Nach einer Besichtigung der akuten Schäden im September durch eine Gruppe der Jungen Union trafen sich Tatjana Cyrulnikov und Leon Sehrt am 8. November mit dem stellvertretenden Forstamtsleiter Werner Schaaf und dem Bereichsleiter Dienstleistungen und Hoheit Anselm Möbs zu einem Interview, um aus erster Hand nähere Hintergrundinformationen zu den akuten Trockenschäden im Wald zu bekommen.

1. Junge Union: Das Thema Klimawandel und seine Auswirkungen auf den Wald ist derzeit in aller Munde. Wie äußern sich diese Schäden?

Forstamt Nidda:
Durch die starke Trockenheit der Jahre 2018 und 2019 sind die Bäume sehr geschwächt. Fichte und Lärche konnten nicht mehr im erforderlichen Maße Harz herstellen, um damit Borkenkäfer abzuwehren. Dieses setze eine Massenvermehrung in Gang. Neben dem direkten Vertrocknen sind Borkenkäfer die Haupursache für das massenhafte Absterben von Nadelhölzern. Aber auch Laubhölzer sind betroffen. Speziell die Buche hat erhebliche Schäden durch Wassermangel und Hitze davongetragen und stirbt in noch nie bekanntem Umfang ab. In den Jahren 2018 und 2019 haben wir insgesamt rd. 250.000 fm Schadholz aufgearbeitet, überwiegend Käferholz, aber auch viele Laubhölzer.

2. Junge Union: Wieviel Ha Wald betreut das Forstamt Nidda mit wie vielen Angestellten und wie hat sich diese Zahl entwickelt?

Forstamt:
Wir betreuen mit 41 Angestellten Staats-, Kommunal- und Privatwald auf rund 17.000 ha Waldfläche. Zusätzlich sind wir auch für einzelne Privatwälder hoheitlich zuständig. Im Jahr 2004 hatten wir noch 82 Angestellte auf gleicher Fläche. Jeder einzelne Mitarbeiter hat nun eine größere Fläche zu bewirtschaften.

3. Junge Union: Welche Baumarten müssen wahrscheinlich gegen andere, robustere Arten ausgetauscht werden?

Forstamt Nidda:
Wir haben in der Wetterau ungefähr 85% Laubholz, der Rest ist Nadelholz. Die Nadelhölzer waren eigentlich ein wichtiges ökonomisches Standbein, da sie schneller wachsen und so wirtschaftlicher sind. Allerdings wurden wir von der starken Anfälligkeit zum Beispiel der Lärche und Fichte überrascht und sie werden in den kommenden Dekaden, speziell in der Wetterau eine deutlich kleinere Rolle spielen. Bei den Laubhölzern sind die Buchen anfälliger bei Trockenheit als Eichen, sodass wir auf wissenschaftlicher Basis herausfinden müssen, welche Baumarten auf welchen Standorten zukunftsfähig sind. Bespielhaft seien hier Tannen und Eichen genannt. Aber auch die Einführung neuer Baumarten sollte geprüft werden.

4. Junge Union: Wieviel Zeit wird gebraucht, um wieder stabile Wälder aufzubauen und welche Ressourcen und wieviel Manpower ist hierfür nötig?

Forstamt Nidda:
Das ist nicht so leicht zu beantworten, der Wald wächst langsam und die Veränderungen des Klimas kommen schneller als sich der Wald darauf einstellen könnte. Je nach Klimaentwicklung rechnen wir mit mindestens 60 bis 80 Jahren, um durch Forschung, Aufforsten, Pflege und Weiterentwicklung einen klimaangepassten Wald aufzubauen. Hier erwarten wir von Politik und Gesellschaft die Schaffung von Rahmenbedingen, die das ermöglicht. In erster Linie brauchen wir wieder mehr Personal, aber auch von Vertrauen geprägte und sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientierende Rahmenbedingungen, in denen der Umbau des Waldes gelingen kann.

5. Junge Union: Was wird schon getan, muss noch getan werden?

Forstamt Nidda:
Hier ist schon viel erkannt und Gutes in die Wege geleitet worden, allerdings stehen wir erst am Anfang. Durch einen 12 Punkte Plan der hessischen Landesregierung wurden unter anderem der Personalabbau in den Forstämtern gestoppt und Zusagen von zusätzlichem Geld für Wiederaufforstung und Förderung gemacht. Allerdings sind das nur erste Schritte und bis jetzt nur Krisenmanagement. Ein auf Dauer angelegtes Programm muss diesem folgen, also diese Strategie jetzt in eine langfristige umgesetzt werden, um nicht von einer Krise in die nächste zu kommen.

6. Junge Union: Wie kann die Politik hier erfolgreich werden und spürbar helfen?

Forstamt Nidda:
Die Politik muss den Bürgern vermitteln, dass extreme Handlungsweisen in dieser Situation nicht zielführend sind. Flächenstilllegungen mit dem Ziel, aus den meisten Wäldern quasi Urwälder werden zu lassen, sind hier wenig zielführig.
Forstwirtschaft ist aktiver Klimaschutz! Denn das Holz aus unseren heimischen Wäldern wird in Deutschland gebraucht. Durch Wegfall oder starker Minderung der heimischen Forstwirtschaft drängt man dazu, Holz zu importieren. Dies würde allerdings Probleme nur verlagern und aus unserem Einflussbereich heraushalten. Das hilft dem Klima nicht, es schädigt es vielmehr. Vertrauen Sie den Fachleuten!

7. Junge Union: Gibt es Möglichkeiten als Privatperson, besonders als junger Mensch einen positiven Einfluss zu bewirken?
Nach einer Besichtigung der akuten Schäden im September durch eine Gruppe der Jungen Union trafen sich Tatjana Cyrulnikov und Leon Sehrt am 8. November mit dem stellvertretenden Forstamtsleiter Werner Schaaf und dem Bereichsleiter Dienstleistungen und Hoheit Anselm Möbs zu einem Interview, um aus erster Hand nähere Hintergrundinformationen zu den akuten Trockenschäden im Wald zu bekommen.

Forstamt Nidda:
Junge Leute sollten sich mehr für den Wald als CO2-Senke vor ihrer Haustür interessieren. Die komplizierte Wirkungsweise des Waldes zwischen CO2-Aufnahme und Abgabe durch Vermodern muss besser verstanden werden, um die Diskussion um den Klimawandel sachlich und ohne Ideologie führen zu können. Die kommende Generation muss unseren Anfang im Umbau des Waldes weiterführen und vollenden, denn Forstwirtschaft ist eine generationenübergreifende Aufgabe. So ist es wichtig, dass das Verständnis schon so früh und so breit wie möglich erreicht wird. Denn nur so bleibt unser Beruf „Förster“ als aktiver Klima- und Ressourcen-Schützer zukunftsfähig und der Wald bleibt das was er ist, ein Ort der Ruhe, des Lebens und ein wichtiger Teil unserer Geschichte.

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